Wölfe sind nicht nur in Deutschland „Neuland“ sondern auch in Schweden. Wir wissen viel zu wenig über sie und ihr Zusammenspiel mit ihrer Umgebung.
Wölfe waren in West- und Mitteleuropa über 100 Jahren ausgerottet und erst Ende des 20. Jahrhunderts unter Schutz gestellt. Seitdem vermehren sie sich wieder und siedeln sich in den Gebieten wieder an, in denen sie früher heimisch waren. Zur Zeit befinden sich 34 Wolfsgruppen in Deutschland, im Winter 2012/2013 wurden in Schweden 30 Rudel und 20 reviertreue Paare gezählt.
Beute Mensch?
Der Wolf ist ein großes Raubtier und prinzipiell in der Lage, einen Menschen zu töten. Das passiert aber sehr selten. In Schweden ist der letzte Vorfall dieser Art im Jahre 1820 nachgewiesen, wobei es sich um einen halbzahmen Wolf in der Provinz Gästrikland handelte. In ganz Europa wurde in den letzten 50 Jahren über neun Fälle berichtet, bei fünf dieser Fälle konnte bei den Wölfen Tollwut nachgewiesen werden.
Auch muss man dazu sagen:
Wölfen kann beigebracht werden, Menschen und Siedlungen gedanklich mit Futter in Verbindung zu bringen. Dies kann dazu führen, dass einige Tiere ihre natürliche Scheu vor dem Menschen verlieren und sich unter Umständen aggressiv gegen ihn verhalten. Aus diesem Grund sollten Wölfe niemals gefüttert werden.
Wölfe – so nah
Soweit. Klingt jetzt erstmal wie „Ist ja alles halb so wild, das sind ja mal gerade ein paar scheue Tiere. Außerdem passen wir nicht in ihr Beuteschema.“ Wahrscheinlich ist das sogar die Wahrheit. Und die kann man auch gut akzeptieren – bis… ja, bis der Wolf plötzlich vor der Tür steht. Oder vor Nachbars Tür. Wie bei uns. Der Wolf war bei uns im November unterwegs, ca. 1 km weiter bei Lena und Lars-Erik streunte er in der Nähe der Schafe herum, gesehen von mehreren Menschen. Wenn er heute da ist, ist er morgen bei uns – das waren meine Gedanken. Und auch wir haben Schafe auf der Weide. Zwar mit einem Elektrozaun geschützt, aber wir haben selbst erlebt, wie unsere Schafe aus Angst einfach trotzdem durch ihn durchbrechen. Warum sollte das dann nicht auch einfach ein Wolf genauso machen, wenn er Hunger hat?
Dann kommt das mulmige Gefühl und die Angst kriecht einen leicht in den Nacken, wenn man im Dunkeln über den Hof wackelt, um abends noch mal die Tiere zu füttern. Mit Kopflampe haste ich also von Haus- zur Stalltür und bin froh, wenn ich es ohne merkwürdige Geräusche zu hören oder gar Schatten huschen zu sehen, geschafft habe. Da haben auch sicherlich etliche Horrorfilme ihren Teil dazu getan, dass ich nicht mehr rational denken kann. Oder Rotkäppchen.
Die sinnlose Jagd
Der einziger Gegner des Wolfes ist der Mensch, er hat sonst keine natürlichen Feinde. Das ist der Grund, warum sich der Mensch auch so verantwortlich fühlt für die Konsequenzen der Wiederansiedelung von Wölfen. Wie viele Wölfe sollten pro Hektar erlaubt sein? Wie kann man die Anzahl kontrollieren, den Bestand regulieren?
Dazu musste ich auch noch dieses lesen: „Wölfe schießen bringt nichts„. Je mehr Wölfe geschossen werden, umso mehr Nutztiere werden gerissen (und seien es in der Menge auch immer noch wenige). Wie bitte?
Der Grund ist laut einer Studie von US-Biologen vermutlich, dass das plötzliche Fehlen von Tieren die Rudelstruktur zerstört – besonders wenn es ein Alphatier ist. Ihr Ergebnis: Nur einen einzigen Wolf zu töten führte dazu, dass im darauffolgenden Jahr vier Prozent mehr Schafe und fünf bis sechs Prozent mehr Rinder gerissen wurden. Wenn 20 Wölfe getötet wurden, verdoppelte sich die Verlustrate unter den Nutztieren. Erst wenn mindestens ein Viertel der Wölfe getötet wird, was vor allem auf lange Sicht nicht praktikabel ist, stellt sich ein Schutzeffekt ein und es wird tatsächlich weniger Nutzvieh gerissen.
Auf welcher Seite stehe ich?
Also: Zunächst bin ich dafür, Tiere und die Natur zu schützen und die Vielfalt von Flora und Fauna zu erhalten. Das MUSS unsere Aufgabe sein. „Mit allen Konsequenzen!“ sagt man schnell und weiß gar nicht, was daran alles hängen kann. Aber davon mal abgesehen – sobald man höchstpersönlich betroffen ist, sieht die Sache anders aus.
Die Diskussionen zwischen Tierschützern, Jagdverbänden und Nutztierhaltern hängen einem bald ja schon zum Hals raus. Jeder hat seine Sicht der Dinge, eine Verständigung ist bei dem Thema bisher ausgeblieben.
Jeden Tag steht wieder in der Zeitung, dass Schafe angeblich von einem Wolf gerissen sein sollen (obwohl sich herausstellt, dass es wieder mal ein wilder Hund gewesen ist), dann wird wieder davon gesprochen, dass Wölfe von selbst auf Abstand gehen und die Übergriffe auf Nutztiere nur sehr selten stattfinden. Dann wieder die Gegner: „Es hatte schon seinen Grund, warum er ausgerottet war! Er ist einfach zu nichts nütze – nur gefährlich. Es ist nicht bewiesen, dass er nicht doch auch Menschen angreift.“ Emotionen führen die Diskussion an.
Mich überfordert das Thema immer noch. Mir wird klar, dass mein persönlicher oder der Schutz meiner Tier mit dem des Wolfes nur vereinbar ist, wenn man beide voneinander fern hält. Mit allen (finanziellen) Mitteln. Viele Landwirte können sich aber keine kilometerlangen Zäune oder Herdenschutzhunde leisten. Sie leben weiter in Angst oder Hoffnung, dass bei ihnen nichts geschieht. Und auch eine Entschädigung vom Staat für gerissene Tiere können die persönliche Betroffenheit und die Arbeit in die Tiere, die sorgfältige Auswahl, Pflege und Zucht nicht wieder gut machen.
Was man bei eine Begegnung tun kann
Falls Sie einem Wolf begegnen, er sich nicht zurückzieht, und Sie die Situation als bedrohlich empfinden, sollten Sie folgende Punkte beachten:
- Gehen Sie langsam und geräuschvoll zurück. Singen, sprechen oder rufen Sie laut, aber schreien Sie nicht schrill.
- Rennen Sie nicht – dies könnte den Jagdinstinkt des Wolfes wecken oder Sie könnten stolpern, was die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs erhöhen würde.
- Folgt Ihnen der Wolf dennoch, so bleiben Sie stehen: Versuchen Sie, groß und gefährlich zu wirken, indem Sie Ihre Arme, eine Tasche oder sonstiges in die Höhe halten. Gehen Sie lieber ein paar Schritte auf den Wolf zu als von ihm weg.
- Sollte der Wolf trotz allem dennoch angreifen, stellen Sie sich nicht tot, sondern schlagen und treten Sie so stark Sie können
- Die Anwesenheit eines Hundes kann einen Wolf dazu bringen, einen Teil seiner Scheu vor dem Menschen zu überwinden. In einigen Fällen kann er sich dann dem Menschen bis auf wenige Meter nähern. Personen, die sich in solch einer Situation befunden haben, schien es, als ob der Wolf so auf den Hund konzentriert gewesen sei, dass er Ihre Anwesenheit kaum wahrgenommen habe.
- Sollten Sie auf einen Wolf treffen während Sie mit Ihrem Hund unterwegs sind, so gelten die bereits genannten Verhaltensregeln. Greift der Wolf gegen alle Erwartung an, verhalten Sie sich so, als hätten Sie es mit einem großen, freilaufenden Hund zu tun: Versuchen Sie nicht, zwischen Wolf und Hund zu gehen, sondern lassen Sie Ihren Hund von der Leine und schmeißen Sie etwas nach dem Wolf.
Mehr Tipps beim NDR unter http://www.ndr.de/nachrichten/Was-tun-wenn-ich-einem-Wolf-begegne,woelfe410.html.
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